Dienstag, 17. März 2009

Ebola: Vorsorgliche Quarantaine in Hamburg



Hi world,

in Hamburg wurde eine weibliche Wissenschaftlerin des Bernhard Nocht Instituts (BNI) in Hamburg nach einer Nadelstichverletzung im UKE in Quarantaine genommen. Eine Infektion ist nach den Umständen nicht auszuschliessen. Das Risiko einer solchen besteht jedoch. Am Meisten jedoch dürfte die Betroffene selbst unter den ergriffenen Vorsichtsmassnahmen leiden. -

Der Fall und der mediale Umgang damit wirft einige Fragen auf.

Was mir nicht schmeckt, ist die Tatsache, dass der Betroffenen, lt. Medienberichten, lediglich "angeraten" wurde, sich in besagte Quarantaine zu begeben. Als Fachfrau weiss sie natürlich um die Gefahren. - Himmel ! Nein ! Hier geht´s nicht um Grippe oder Masern (derzeit auch in HH gehäuft - HH ein virales Zentrum sozusagen...) sondern um einen L4 - Erreger, der potentziell zu den wenigen Übeln der Menschheit gehört, welche dem Menschen ab und an seine Grenzen aufzeigen und den Forschergeist damit erst recht (und sicherlich zu Recht) beflügeln.

Ich hätte mir daher gewünscht zu lesen: "Die zuständigen Behörden ordneten die unverzügliche Unterbringung der Betroffenen in Quarantaine im UKE DES AMTES WEGEN an." Doch: nichts davon! - Ein Versagen in meinen Augen. Hier sind Softies fehl am Platze.

Das BNI hat keine PR auf seiner Website ausgebracht. Das ist auch gut so! Zunächst ist es ein tragischer Labor-Unfall, dessen Folgen allein für die Betroffene derzeit noch völlig ungewiss sind. Eine Infektion ist (bisher) nicht nachgewiesen. Eine Gefährdung der Öffentlichkeit könnte sich aber entwickeln.

Der Laborunfall passierte am Donnerstag (lt. PR-inside). Doch die Quarantaine erfolgte erst einen Tag später. Warum? Diese Frage MUSS öffentlich gestellt und beantwortet werden! Wie ist die Vermehrungsgeschwindigkeit des Virus? Gibt es hierüber VERLÄSSLICHE Daten.?Und: gibt es nicht auch banale Unfälle mit Blutungen, gerade in dieser psychischen Ausnahmesituation? Wo hat sich die Betroffene aufgehalten zwischen Unfall und Beginn der Quarantaine?

Der stellvertretende Leiter des BNI lässt verbreiten, dass der letzte Fall dieser Art in Kanada 2002 geschehen sei. Diese konkrete Ansage ist, dank Freundin Google, binnen 3 Minuten in das Reich der Märchen verwiesen.
Mindestens 2004 gab es eine Nadelstichverletzung mit Ebola Viren bei "Vector", einem Staatskonglomerat, in Russland (Novosibirsk) - Quelle: NYT / promedmail.org. - Dabei starb Antonina Presnyakova, 46, eine erfahrene Wissenschaftlerin in ihren besten Jahren und das erst 14 Tage nach dem Stich.

Interessant bei diesem Fall, der ausführlich publiziert (Science 28 May 2004: Vol. 304. no. 5675, p. 1225 DOI: 10.1126/science.304.5675.1225b) ist: Ihr Zustand verschlechterte sich PLÖTZLICh, nachdem die Frau vor dem Tag Ihres Todes noch gesund erschien. "Presnyakova appeared "quite stable," the official says, but her condition deteriorated rapidly overnight and she died the next morning." und weiter: "developed symptoms 1 week later, and died on 19 May." Gestochen hatte sie sich am 05.Mai.

Da selbst der Papst die vermehrte Nutzung des Internet empfiehlt, sollte das beim BNI in Hamburg sich vielleicht auch mal rumsprechen - oder? Oder wollte man diese Meldung bewusst nicht in der Öffentlichkeit verbreiten? Wenn nicht, frage ich mich nach der vorhandenen Medienkompetenz vor Ort? Oder gibt es andere Gründe hierfür. Man hatte ja Tage zeit, sich darüber zu begackern.... !

Das UKE schlachtet den Fall PR technisch nach allen Regeln der Jounalistik, nur leider nicht nach denen der ärztlichen Ethik aus, und verharmlost in seiner Pressemitteilung die Übertragungswege auf "Blut" - unterdrückt hierbei jedoch den Weg der Schmierinfektion. Warum impft man eigentlich jemanden, wobei man in gleichem Atemzug das Infektionsrisiko felsenfest für minimal hält. Warum nennt man das dann "Heilversuch"? Noch ist ja weder jemadn nachgewiesener massen infiziert, noch gar "krank". Gibt es da zwei Meinungen? Eine wissenschaftliche und eine solche für die Öffentlichkeit?

Warum - und das ist mir wichtig hier zu sagen - macht man die individuelle Leidensgeschichte einer Frau zum Medienspektakel? Nachgeradezu zu einer MED PR SHOW? Um dem Laienpublikum die Fachkompetenz der Institution vor Augen zu führen? Die Medien machten im Internet daraus bereits ein Faktum: "Erster Ebola Fall in D".

Jeder Patient hat im Übrigen das Recht in Ruhe behandelt zu werden. Und schon allein die Tatsache, dass sich jemand in ärztlicher Behandlung befindet, ist ein an sich schützenswertes Geheimnis. Da die Öffentlichkeit, von der Tatsache der verspäteten Isolierung einmal abgesehen, offenbar in keinster Weise gefährdet oder in irgend einer Form betroffen ist, ode sein wird, steht auch dieser Patientin dieses gleiche Recht zu. Medico PR Geilheit allein ist jedenfalls kein Grund dafür, die Standesregeln und die Regeln des guten Geschmacks zu übertreten. Diese PR ist und bleibt daher in meinen Augen überflüssig wie ein Kropf -völlig überflüssig.

Und so weiter und so weiter. Für mich ist das ein menschlicher und ein wissenschaftlicher Medien GAU. Anders kann ich das nicht empfinden. Das Bloedzeitungsniveau ist in die dt. Spitzenmedizin eingekehrt. Armes Gesundheitswesen!

1 Kommentar:

  1. Auch ich habe mir nach sorgfältigem Lesen die Frage stellt, was eigentlich nach dem "Unfall" passiert ist. Nach einem Zwischenfall in einem S4-Labor hätte ich erwartet, dass eine sofortige Abriegelung erfolgt und niemand mehr den Sicherheitsbereich verlassen kann und darf. Es ist mir vollkommen unverständlich, dass die Frau erst am Freitag "freiwillig" auf eine Isolierstation gekommen ist. Ich frage mich, was wenn ein Mitarbeiter in einem solchen Labor sich absichtlich infiziert, um damit seine Umwelt zu schädigen? Wenn das jemand für abwegig hält - nun, es binden sich auch Menschen Sprengstoffgürtel um den Leib ...
    Der nächste Skandal ist für mich, wie wenig jetzt zu passieren sein. Eine kurze Meldung und das war's???

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